Sonntag, 30. Juli 2017

Strahlengitter



Für elektromagnetisch Sensible gibt es kein Entkommen - zumindest nicht hierzulande. Obwohl Glasfaserleitungen weit verbreitet sind: Richtstrahl ist überall, wie diese Karte zeigt. Doch das ist nur ein kleiner Teil der elektromagnetischen Schweiz. Hier die Karte mit den Standorten der übrigen Sender.
Aber auch das ist bloß die halbe Wahrheit: Fast jeder trägt heutzutage einen Sender auf sich: das Smartphone. So klein es auch ist: es ist für seinen Benutzer eine der stärksten Strahlenquellen.
Am schlimmsten ist es im Zug, wie das Diagramm zeigt. Und einer der sichersten Orte ist die Kirche. Aber das wussten wir ja schon immer.

Wenn dein grün angehauchter Nachbar Angst vor der Strahlung deiner Antenne hat, zeige ihm einfach diese Bilder. Dann wird er vielleicht begreifen, dass Zugfahren gefährlicher ist als deine Antenne ;-)





Donnerstag, 20. Juli 2017

Das Schwert des Damokles



Selbst war ich nicht in Friedrichshafen, aber ein Kollege hat mir berichtet, dass er dort mehrere IC746/IC7400 auf dem Flohmarkt gesehen hat.
Das verwundert mich nicht. Über den Besitzern dieser ansonst sehr guten Geräte hängt nämlich ein Damoklesschwert. Eigentlich sind es sogar mehrere, wie ich kürzlich in meinem Blog berichtet hatte.
Einer der häufigsten Problemfälle bei diesen Geräten ist die Beleuchtung der LCD-Anzeige. Sie kann jederzeit und ohne Vorwarnung ausfallen. Dann braucht der OM eine Taschenlampe, damit er das Display noch lesen kann ;-)

Für die Technophoben unter den OM eine Katastrophe. Gosse Zerlegung, kreatives Basteln und Löten sind dann angesagt.

Wie ihr wisst, habe ich mittlerweile drei von diesen Kisten: einen IC-746, einen IC-746Pro und einen IC-7400. Aus einem Spleen heraus bin ich zum Sammler dieser Geräte geworden.
Da wäre es ein Wunder, wenn das Schwert nicht  runterfallen würde. Und so kam es, wie es kommen musste: Das Wunder ist prompt ausgeblieben und eines Tages wurde es auf dem Display des IC-746 zappenduster.

Bei dieser Geräteserie wird das Display mit einer Fluoreszenzlampe beleuchtet. Um zu funktionieren, braucht diese Hochspannung. Diese wird in einem Konverter erzeugt: Im Prinzip ein Oszillator mit einem Transformator.
Leider haben die Entwicklungsingenieure diese Schaltung etwas zu knapp bemessen und der Transistor, der die Helligkeit regelt, wird sehr heiß. Irgendwann mag er nicht mehr und gibt den Geist auf. Besonders wenn die Anzeige gedimmt wurde - dann muss er mehr Leistung verbraten.





Es ist der PNP Transistor 2SB1201 im Schema oben. Ein Teil, das auch heute noch preisgünstig zu bekommen ist. Oft wurden auch die Elkos in der Schaltung mitgekocht, da sie in der gleichen, geschlossenen Blechbüchse stecken. Es empfiehlt sich, die Elkos auch auszuwechseln.
Zudem sollte man dafür sorgen, dass der Transistor mehr Kühlung bekommt, wenn man nicht alle paar Jahre wieder vorbei schauen will. Ich habe zu diesem Zweck dem Transistor ein kleines Kühlblech aufgeklebt.

Doch bevor man zu dem kritischen Teil gelangt, ist eine große Zerlegung angesagt: Die Frontplatte muss weg und die diversen Platinen dahinter auch. Damit man den Transistor auswechseln kann, muss man auch die Abschirmung entfernen:


Auf dem Bild oben habe ich den Transistor bereits entfernt. Die verbrannte Lötstelle darunter spricht Bände. Bevor man einen Neuen einlöten kann, ist Saubermachen angesagt. Da ich beim Rausoperieren auch ein Stück Leiterbahn geschlissen hatte, musste diese ebenfalls geflickt werden.
Hier ist der verbrannte Transistor zu sehen. In meinem Fall war er nicht kaputt - die Lötstelle war es!
Doch ihn einfach zu reinigen und wieder einzulöten, schien mir zu riskant:


Auf dem nächsten Bild sehen wir den neuen Transistor mit aufgeklebtem Kühlblech. Die Umrandung des Abschirmbechers wurde bereits wieder eingelötet:



Auch die Elkos wurden alle ersetzt. Ich wollte mich nicht mit SMD Teilen herumärgern und habe deshalb bedrahtete Bauteile genommen. Platz hat es in der Büchse genug.
Bevor man die ganze Chose wieder zusammenbaut, sollte man testen, ob die Reparatur erfolgreich war:


Jetzt noch einen 24h Test, dann wird die Kiste wieder zusammengeschraubt. Verpasst man dabei die richtige Reihenfolge, kann man wieder von vorne beginnen.
Genau das ist mir passiert. Gelitten haben dabei auch die diversen Verbindungskabel. Denn auch an ihnen ist das Alter nicht spurlos vorbei gegangen. Die aufgeklebten Verstärkungen haben sich gelöst und das Zusammenstecken ist kritisch geworden.
Natürlich kann man auch diese Flexkabel flicken, wie diverse Youtube-Videos und Anleitungen im Web beweisen.
Aber man kann auch einfach neue bestellen. Mit dickem Portemonnaie direkt bei Icom, sofern noch erhältlich, oder einfach bei Digikey für ein paar Dollar. Auch auf Ebay werden immer wieder solche Kabel aus kannibalisierten Geräten angeboten. Allerdings oft zu Mondpreisen.

Im Bild am Anfang ist der geöffnete Converter im Originalzustand zu sehen. Und hier im folgenden Video eine komplette Reparaturanleitung für diesen häufigen Defekt:








Dienstag, 18. Juli 2017

Rauschende Sender



Das 2m SSB Band ist normalerweise die Ruhe selbst und meist ist nur Rauschen zu hören. Doch während VHF Wettbewerben erwacht das Band zum Leben. QRO-Stationen sitzen auf strategisch günstigen Berggipfeln und brüllen sich die Seele aus dem Leib.
Die Schweiz ist klein und an Gipfeln mangelt es nicht. Und so machen sich die Contester gegenseitig mit ihren starken Signalen das Leben schwer.

In erster Linie natürlich mit der Intermodulation der Sender und mit übersteuerten Endstufen.
In zweiter Linie aber auch mit dem Phasenrauschen der Oszillatoren. Dieses nimmt glücklicherweise mit 1/(df)^2 ab (df ist der Frequenzabstand). So können sich die QRO-Stationen wenigstens mit genügend QSY aus dem Weg gehen. Natürlich hilft auch das Wegdrehen der Antenne.

Aber es gibt noch eine andere Störung, die den Conteststationen die Freude trübt:
Im neusten Mitteilungsblatt der USKA-Sektion Neuchâtel (Neuenburg) berichtet François HB9BLF darüber. Der vollständige Bericht ist hier zu finden.

Die Senderendstufen der Transceiver rauschen. Zwar scheinbar nur geringfügig, doch durch eine nachfolgende PA verstärkt, wird das bei benachbarten QRO-Stationen zum großen Problem. Dabei ist "benachbart" relativ. Zwei QRO-Stationen auf Berggipfeln in 60km Abstand können sich bereits stören, wenn der jeweils andere TX einen geringeren Störabstand als -120dB aufweist, erklärt François. Er  und Yves HB9DTX haben eine ganze Reihe populärer 2m Transceiver gemessen und alle waren schlechter. Erschwerend kommt hinzu, dass dieses thermische Rauschen der Sender innerhalb des 2m Bandes kaum abnimmt, sondern fast gleich bleibt. Frequenzmäßiges Ausweichen nützt also nichts.

Dieses breitbandige Rauschen wird ausgesendet, sobald die Mikrofontaste gedrückt wird. Eine Modulation ist dazu nicht erforderlich.

Das schwärzeste Schaf unter den Transceivern ist der Yaesu FT991. Für mich keine Überraschung, ist doch auch der Intermodulationsabstand dieses Geräts sehr schlecht, wie in diversen Testberichten festgestellt wurde (ARRL, Funkamateur usw.) Er hat nur einen Rauschabstand von 81 dB (bei 200kHz Abstand gemessen).
Mit diesem Transceiver auf einem Gipfel einen Contest zu bestreiten,  auch ohne nachgeschaltete PA, führt unweigerlich zu Ärger.

Nicht viel besser ist der oft verwendete Icom IC-910. Auch er hat übrigens einen miesen Intermodulationsabstand. Ob da ein Zusammenhang besteht?

Den besten Störabstand haben François und Yves bei einem Elecraft K3 mit Transverter TCVR144 gemessen (-111dB/200kHz). Auch für den, der mit der Französischen Sprache auf Kriegsfuß steht, ist ein Blick in den Bericht aufschlussreich. Die Diagramme und Tabellen sind selbsterklärend.

Auch die anderen Berichte dieser aktiven USKA-Sektion sind interessant. Hier das Verzeichnis der technischen Artikel.

Bild: Anton mit Töff ;-)

Dienstag, 11. Juli 2017

Der ICOM IC-7400 als Langwellenempfänger

Wie bei den meisten Amateurfunkgeräten dieser Generation ist auch der IC-7400 auf MW und LW etwas taub. Das liegt daran, dass die Ingenieure den Bereich unter 1.8 MHz abschwächten, um Probleme mit MW Rundfunkstationen zu vermeiden.

Doch heutzutage herrscht im Mittelwellen-Rundfunkband in Zentral- und Nordeuropa tote Hose. Die Sender wurden abgestellt, die Masten gesprengt.
Auf der anderen Seite haben wir Funkamateure zwei neue Bänder bekommen: zuerst das Langwellenband von 135.7 - 137.8 kHz, später dann ein Mittelwellenband von 472 - 479 kHz. In Europa sind die Bänder in vielen Ländern bereits freigegeben; in den USA wird diesen Sommer die Freigabe erwartet.

Da ist ein Empfänger mit extra eingebauter Dämpfung hinderlich.

Im IC-7400 sitzt im Empfangszweig unterhalb des 160m Bandes ein 10dB Dämpfungsglied. Man kann es nicht ausschalten; ein Eingriff in das Gerät ist notwendig um es zu überbrücken.
Will man die 10dB Dämpfung vollständig eliminieren, wird es kompliziert, doch das ist m.E. nicht nötig. Eine einfache Operation macht den Patienten auf den langen Wellen genügend munter. Man braucht dazu bloß einen SMD-Widerstand in der Größe eines Sandkorns zu entfernen um dann die Lötstelle zu überbrücken:


Im Bild liegt das Teil von der Grösse 0402 auf meiner Hand. es ist ein 82 Ohm Widerstand mit der aufgedruckten Bezeichnung 820. Die ersten beiden Ziffern geben den Wert in Ohm an, die dritte Ziffer die Anzahl zusätzlicher Nullen. In unserem Fall also null Nullen ;-)

Wir finden den Winzling auf der Unterseite des Transceivers auf dem RF-Board, nahe der Rückwand beim Relais RL1. Auf dem Schema und dem Bestückungsplan ist er mit R12 markiert. Glücklicherweise befindet er sich auf der Oberseite der Platine - sie kann also im Gerät bleiben. Was weg muss, ist ein Abschirmblech und zwei gesteckte Koaxkabel, die dem Lötkolben und der Pinzette den Weg versperren.


Im Bild unten wurde er bereits entfernt und durch eine Drahtbrücke ersetzt. Echte Profis löten an seiner Stelle einen Null-Ohm-Widerstand ein.
Bei dem 82 Ohm Widerstand handelt es sich um den Längswiderstand des Dämpfungsgliedes. Die beiden Parallelwiderstände von je 100 Ohm bleiben drin. Will man sie auch eliminieren, muss für die Zuführung der Spannung für die Schaltdioden eine Lösung gefunden werden. Meines Erachtens Overkill und kompliziert.

Mit der Entfernung, bzw. Überbrückung des 82 Ohm Widerstandes steigt die Empfindlichkeit auf brauchbare Werte an. Im 630m Band ist der Empfänger nur 3dB weniger empfindlich als im KW-Bereich. Auf dem 2200m Band verlieren wir etwa 5dB. Das ist gut genug und macht den IC-7400 zu einem brauchbaren LW/MW-Empfänger. Zumal er mit sehr guten DSP-Filtern ausgestattet ist und über eine feine Frequenzabstimmung mit 1Hz Anzeige verfügt.
Eine noch höhere Empfindlichkeit würde uns bei dem hohen Grundrauschen in diesen Bändern nichts nützen.
Aber Obacht: unsere KW-Antennen sind meist ungeeignet und eine Enttäuschung ist vorprogrammiert.
Hat der OM keine abgestimmte Antenne für 2200/630m hilft eine Aktivantenne oder ein Unun mit hoher Untersetzung direkt am langen Draht. Dem Empfang von CW und Digitalfunk steht dann nichts mehr im Wege.
Leider kann der IC-7400 auf diesen Bändern nicht senden.

PS. Wenn ihr euer Gerät schon offen habt, schraubt den Deckel noch nicht zu
...es kommt noch mehr :-)





Montag, 10. Juli 2017

Kreislaufkollaps beim IC-7400

Wer von sich behauptet kerngesund zu sein, den haben die Ärzte zuwenig untersucht.

Genauso ist es bei Occasionen im Amateurfunk. Die meisten Geräte haben irgendeine Macke.

Ein zweiter Blick auf meine Neuzugänge offenbarte, dass auch der IC-7400 seine Gesundheitsprobleme hatte. Von außen und innen sah er zwar aus wie erst kürzlich gekauft, doch der Schein trog.
Zuerst waren es nur kleine Zuckungen der ALC, dann ging plötzlich die Ausgangsleistung in den Keller - erratisch und von Band zu Band unterschiedlich. Zuerst nur zaghaft, dann immer heftiger.

Der IC-7400 von Icom hat eine lange Krankengeschichte. Dass der Sender den Geist aufgibt, ist nicht unüblich und kann verschiedene Gründe haben. Doch die beschriebenen Symptome deuteten in meinem Fall auf eine defekte Treiberstufe hin.

Mein Verdacht wurde bestätigt, als ich die beiden MOS-FET Chip auf der Treiberplatine berührte: ich verbrannte mir die Fingerspitzen. Notabene im Leerlauf. Schon mit 10W in CW sprang die Leistungsanzeige hin und her, wenn ich mit dem Schraubenzieher auf die Transistoren drückte - Wackelkontakt!

Hier ist die Treiberplatine sehen, die mit zwei Schrauben huckepack auf dem PA-Board befestigt ist:


Doch Abschrauben allein reicht nicht. Denn das Board ist nicht mit Steckern versehen, sondern gelötet. Um das Treiber-Board zu entfernen, müssen 16 Verbindungen entlötet werden. Eine heikle Operation, die Lötkolbenpitzengefühl und gute Entlötlitze braucht.
Unten auf dem Treiber ist ein kleiner Kühlkörper aufgelötet. Die beiden Schrauben drücken ihn auf eine Erhebung im darunterliegenden Chassis:



Wie man sieht, wurde keine Wärmeleitpaste verwendet. Das war Fehler Nummer eins. Fehler Nummer zwei liegt beim viel zu hohen Ruhestrom der Transistoren. Gemäß meinem Servicemanual soll dieser 2.5 Ampère betragen. Das bedeutet bereits 30 bis 35 Watt Verlustleistung!
Kein Wunder löten sich die Transistoren von selbst aus und kreieren damit Wackelkontakte. Was haben sich die Ingenieure nur dabei gedacht!
Icom hat später in einem Servicebulletin den Ruhestrom auf 1.5 A reduziert. Aber auch das ist meines Erachtens noch zuviel. 500 bis 600mA sollten reichen und dürften die Intermodulationswerte kaum merklich erhöhen.

Der dritte Fehler ist m. E. der eingesetzte Transistor, ein 2SK2975. Er ist ein unzuverlässiger Geselle und hat auch in anderen Amateurfunkgeräten oft für Ausfälle gesorgt - zum Beispiel in der ersten Serie des FT-817. Dort arbeitete er in der Endstufe.
Als Ersatz für die suspekten 2SK2975 habe ich übrigens RD07MVS1 genommen. Sie sind, im Gegensatz zu den rar gewordenen 2SK2975, gut erhältlich und kosten wesentlich weniger.

Aber es gab noch einen vierten Fehler zu entdecken: Das Schema zum IC-7400 ist fehlerhaft. Hier mit Korrektur:


Soweit so gut. Doch wie lötet man diese schrecklichen Chip-Transistoren ein und aus?
Die Anschlüsse befinden sich ja unter dem Chip und sind der Lötkolbenspitze nicht zugänglich.

Ohne Heißluft geht das nicht. Aber auch da wird es schwierig. Ich habe deshalb eine Art Hilfswerkzeug gebaut, mit dem ich den Kühlkörper auf der Unterseite des Treiber-Boards vorheizen kann. Dieses wird in einen kräftigen Lötkolben eingespannt. Leider besitze ich keine Fräse. Das Hilfswerkzeug besteht deshalb aus einem Stück gequetschtem Kupferrohr; die beiden Nocken greifen in die Vertiefung des Kühlkörpers, sodass die ganze Chose bei der schwierigen Operation stabil bleibt.


Der Kühlkörper wird damit so lange vorgeheizt, dass auf die Source-Anschlüsse etwas Zinn und Fluxer nachgegeben werden kann. Dann werden beide Transistoren mit der Pinzette exakt platziert.
Etwas Heißluft aus einer feinen Düse erledigt den Rest. Auch der Zinn unter den Drain und Gate-Anschlüssen verflüssigt sich nun, und die aufschwimmenden Chips können mit der Pinzette sanft runtergedrückt werden.

In der Hoffnung, dass die unsichtbaren Lötstellen unter den Chips in Ordnung sind und die Transistoren trotz der Hitze noch leben, kann das Board wieder eingebaut werden. Ich habe dabei etwas Wärmeleitpaste Arctic Silver zwischen die Kühlkörper gegeben.

In meinem Fall hatte ich Glück: Der Sender des IC-7400 läuft nun wieder ohne Fisimatenten, mit voller Leistung von 160 bis 2m.

PS. Auf dem ersten Bild ist das Treiber-Board mit den bereits ausgetauschten Transistoren zu sehen.

  

Sonntag, 9. Juli 2017

Störpegel im 160m Band

Mit Erstaunen verfolge ich die Ereignisse im fernen Hamburg. Ob sich die geschädigten Einwohner der Hansestadt darüber freuen, dass ihr abgefackelter Kleinwagen zum Protest für eine gerechtere Weltordnung beigetragen hat?
Glücklicherweise haben wir OM noch den Funk. Zwar geht es auf den Bändern manchmal auch zu wie bei den Saubannerzügen in Hamburg, doch das Funkgerät geht dabei selten kaputt.

Viele meiner Funkkollegen beklagen sich über immer stärker werdende Störungen im Kurzwellenbereich. Vor allem scheint das 160m Band darunter zu leiden. Einige OM haben dort einen Geräuschpegel von S9 und mehr.
Hochgetrieben wurde dieser Störpegel in der letzten Zeit vor allem durch die breitbandige Nutzung unabgeschirmter (Telefon-) Leitungen für Internet und Fernsehen.

Doch welcher Grundpegel ist eigentlich "normal"?
Mit welchem Störpegel muss der Funkamateur rechnen?

Das folgende Diagramm entstand aus den Standardkurven der ITU. Es stellt eine Näherung dar und gilt für eine durchschnittliche Amateurfunkantenne:




Quelle

Das Diagramm gilt für eine Bandbreite von 500 Hz. Für SSB-Bandbreiten muss man nochmals gut eine S-Stufe hinzurechnen. In ländlicher Umgebung (Dorf) sollte demnach der übliche Störpegel bei 2 MHz/SSB etwa bei S7 liegen.

Doch die S-Meter unserer Japan-Transceiver können trügen. Auch wenn S9 ungefähr 50uV entsprechen, eine S-Stufe bedeutet oft nur einen Unterschied von 3dB.
Die S7 auf obenstehendem Diagramm werden von unserem "japanischen" S-Meter daher als S5 angezeigt.
Davon können viele OM nur träumen.






Donnerstag, 6. Juli 2017

Der Klon auf meinem Tisch


Es ist ein wunderbarer Sommerabend und die Erntemaschinen sind vor meinem Shack-Fenster unterwegs. Ein friedliches Bild in einer verrückten Welt.
Auf meinem Funktisch steht derweil ein mysteriöses Gerät aus China, das mir ein Freund für einen Augenschein überlassen hat. Es ist ein Gerät, das es in dieser Form eigentlich nicht geben dürfte. Denn der mcHF QRP-Transceiver wurde von M0MKA entwickelt und wird von ihm als Bausatz vertrieben - notabene ohne Gehäuse. Hunderte von fleißigen OM haben das Teil schon zusammengelötet und zur Verbesserung von Hard- und Software beigetragen. Diese "Entwicklung beim Kunden", die wir ja bereits von Elecraft kennen, ist immer noch im Gang.

Ob das Teil auf meinem Tisch von M0MKA stammt und in China von einem OM gebaut wurde, wage ich zu bezweifeln. Die Indizien sprechen dagegen.
Der Transceiver aus dieser Kartonschachtel ist vermutlich ein Illegaler:

Einer, der nicht einmal seine Abstammung verleugnet. Prangt doch auf seiner Front frisch und frech: mcHF:






Der Zwerg-Transceiver wird als Kit deklariert, wie auf der Verpackung zu sehen ist. Ob damit das Konfigurieren per Software gemeint ist?

Das Gerät ist in der Tat ein Zwerg, vergleichbar mit dem KX2 von Elecraft, und macht, bis auf einige Details, einen robusten Eindruck. Es ist mit einer "maximalen Stückzahl" von Schrauben bestückt und ich habe deshalb davon abgesehen, es komplett auseinander zu nehmen. Wer weiß, ob ich es wieder zusammengekriegt hätte.

Ein rudimentäres Manual findet man im Internet. Trotzdem bleiben noch etliche Fragen offen. Offenbar haben viele Köche in der Suppe gerührt und jeder hatte Sonderwünsche und eigene Ingredienzien. Entsprechend komplex sind die Möglichkeiten der Software. Wehe dem, der unvorsichtig im Menü herumstochert. An diesem Transceiver lässt sich alles verstellen, was man sich ausdenken kann, plus Dinge die man sich gar nicht vorzustellen vermag. Aber seit ich den FT-991 ein Jahr lang auf dem Tisch gehabt habe, bin ich auf komplexe Menüs geeicht.

Vom Schaltungsprinzip her ist der mcHF ein SDR, aber kein "Direct Sampler" wie zum Beispiel der IC-7300 oder die 6000er Serie von Flex. Denn wie beim KX3 und KX2 von Elecraft wird das HF-Signal zuerst in einem I/Q-Mischer auf die NF-Ebene heruntergemischt bevor es dann digital weiterverarbeitet wird.
Leider funktioniert das in diesem Fall nicht ohne eine Reihe Mischprodukte, die sich als Pfeifstellen bemerkbar machen.

Zudem ist der Transceiver sehr empfindlich. Ich wunderte mich am Anfang, dass bereits ein 7uV Signal das S-Meter auf S9 trieb. Da ich gegen undefinierte S-Meter allergisch bin, habe ich es auf S9 = 50uV geeicht, nachdem ich die entsprechenden Menüpunkte gefunden hatte. Erfreut konnte ich feststellen, dass eine S-Stufe ziemlich genau 6dB entsprach, und nicht nur 3dB wie bei vielen japanischen Geräten. Darum hat man auf den ersten Blick den Eindruck, der Empfänger rausche wie ein Wasserfall. Doch das ist eher optische Täuschung als akustische Realität.

Erstaunlicherweise hat das kleine Kistchen einen großen Appetit. Ausgeschaltet zieht es bereits 70mA bei 13.5V. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Beim Empfang sind es dann um die 400mA und auch ohne Sendebetrieb ist das Teil ein toller Handwärmer für strenge Winter.
Beim Senden geht es dann erst richtig zur Sache und ich schätze, dass das angeschraubte Zusatzblech nicht für Dauerbetrieb ausgelegt ist (unten im Bild).

Im 80 und 60m Band lieferte der Klon 7W, auf 40m 9W und im 30m und 20m Band sogar 11W bei 13.5V. Dann ging's wiede runter: 17m 7W und 15m 8W. Danach war Schluss: Im 12m und 10m Band kamen nur noch Milliwatt raus. Entweder ein Fehler im Gerät oder im Hirn des Operateurs.
Interessanterweise und im Gegensatz zum legalen Bausatz sendet der Transceiver auch auf dem 160m Band. Allerdings nur mit 1 bis 1.5 Watt.





Die Spektrumanzeige und das Wasserfall-Diagramm sind zwar hübsch anzuschauen, aber inzwischen sehe ich diese Goodies nicht mehr als "must have". Funken geht ganz gut auch ohne. Durch diese Anzeige wird es auf dem kleinen Bildschirm natürlich eng. Entsprechend schwierig sind die richtigen Druckpunkte für das Touch-Display zu finden.

Der fixfertige mcHF Klon aus China ist ein faszinierendes Gerät. Aber es ist weit davon entfernt, fertig zu sein. Überall stößt man noch Baustellen. Aber funktionieren tut es. Zum Abschluss meines Augenscheins habe ich natürlich ein QSO gefahren: in CW auf 40m mit G4GBX.

Nach Auskunft von Larry Yang, dem Sales Manager von Quanzhou Risen Electronics Co.,Ltd,
sieht es bezüglich Preis folgendermaßen aus:

1pc of RS-918 HF SDR Transceiver
Transceiver Cost - $350
Shipping Cost - $30
Total Cost - $380

Das Mikrofon ist übrigens dabei und es kann mit PayPal bezahlt werden.

Ich werde mir kein solches Teil zulegen. Wenn die Dinger von Elecraft nicht so teuer wären, käme als Alternative aber ein KX2 in Frage. Der dürfte in der Zwischenzeit wohl fertig entwickelt sein.
Empfehlen kann ich das Teil nur ausgefuchsten Tüftlern, Bastlern, Ingenieuren und anderen Verrückten. Wegen der vielen offenen Baustellen kann man es tatsächlich als Bausatz betrachten;-)